Die Therapie von chronischen Erkrankungen wie der Multiple Sklerose (MS) folgt äußerst komplexen Behandlungsplänen, die zudem kontinuierlich angepasst werden müssen. Um ein individuelles Management im Krankheitsverlauf zu ermöglichen, müssen MS-Patient*innen zunächst präzise charakterisiert werden können. Dafür müssen jedoch zuerst sämtliche Daten aus Diagnose, Therapie und Monitoring in Form von standardisierten Parametern fortlaufend (idealerweise digital) erfasst werden. Eine aussagekräftige Auswertung und Visualisierung dieser stetig wachsenden multidimensionalen Datenmengen ist nur mithilfe von Technologien Künstlicher Intelligenz (KI) möglich.
Im Mittelpunkt des vorliegenden Projektes DigiPhenoMS steht daher die Konzeption und Realisierung eines IT-Systems zur datengetriebenen Charakterisierung von Patiententypen (Phänotypisierung) und Individualisierung von Patientenpfaden. DigiPhenoMS profitiert dabei von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen der Projekte IBMS und QPATH4MS . Mittels etablierter maschineller Lernverfahren werden multidimensionale Datenbestände aus der MS-Versorgung genutzt, um Patientenphänotypen und individuelle Patientenpfade adaptiv zu erstellen, zu visualisieren und fortlaufend zu optimieren und so eine personalisierte Versorgung im Sinne der Präzisionsmedizin zu ermöglichen.
Medizinische Leistungserbringer*innen erhalten auf diese Weise ein Werkzeug, was sie bei der Organisation von Behandlungsabläufen unterstützt, und Patient*innen gewinnen an gesundheitlicher Kompetenz und Souveränität. Eine bessere Adaptionsfähigkeit und Verzahnung der Versorgung einerseits und eine erhöhte Integration von Patient*innen und beteiligten Leistungserbringer*innen andererseits impliziert eine zielgenauere Finanzierung und trägt somit zur Reduktion der Versorgungskosten bei, wovon auch die sächsische Gesundheitswirtschaft profitiert.
DigiPhenoMS ist ein Kooperationsprojekt des MS-Zentrums am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, der Forschungsgruppe Digital Health (ehem. Professur für Wirtschaftsinformatik) und dem Lehrstuhl für Softwaretechnologie an der Technischen Universität Dresden und wird aus Mitteln der Richtlinie eHealthSax des Freistaates Sachsen gefördert.
eHealthSax
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.
Bei der Multiple Sklerose (MS) handelt es sich um eine chronisch-entzündliche, degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die MS ist derzeit noch nicht heilbar und verläuft individuell höchst unterschiedlich. Aufgrund dieser Multidimensionalität und des chronischen Krankheitsverlaufs sind Angehörige verschiedenster Berufsgruppen an der Behandlung der MS beteiligt. Eine gute Zusammenarbeit trägt dabei maßgeblich zum Behandlungserfolg bei.
Zwar existieren bereits verschiedene etablierte Standards, z. B. in Form von MS-Leitlinien, in deren Mittelpunkt steht jedoch die Anwendung von MS-spezifischen Therapien. Schritte im Vorfeld und Nachgang der Therapie sowie anderweitige unterstützende Maßnahmen werden kaum berücksichtigt, sodass bisher keine aussagekräftigen und messbaren Qualitätsindikatoren für die Versorgung von MS-Patient*innen existieren, durch die der Managementprozess ganzheitlich abgebildet wird.
Im Anschluss an das Projekt IBMS , in dessen Rahmen eine Grundarchitektur für ein webbasiertes Portal konzipiert wurde, werden im Projekt „Pfadgestütztes Qualitätsmanagement in der MS-Versorgung“ (QPATH4MS) Qualitätsindikatoren für klinische Pfade entwickelt. Diese können genutzt werden, um die Qualität der Behandlung von MS-Patient*innen zu dokumentieren, überwachen und im Idealfall zu verbessern. Die pfadgestützten Qualitätsindikatoren sollen sowohl MS-Patient*innen als auch medizinischen Leistungserbringer*innen als Orientierungshilfe dienen. Allen Beteiligten steht damit ein in seiner Komplexität angepasstes Qualitätsmanagement-Cockpit zur Verfügung, mit dem sie den Behandlungsprozess aktiv steuern und individuell optimieren können.
Auf diese Weise trägt das Projekt nachhaltig zum Patient Empowerment im Rahmen der MS-Behandlung, zur besseren Verzahnung der Versorgung und damit insbesondere auch zur Kostenreduktion und Qualitätssteigerung bei. Auf der einen Seite werden Patient*innen aktiv in das Management ihrer Erkrankung und notwendiger Behandlungsschritte einbezogen. Auf der anderen Seite können Ärzte sämtliche Aspekte der medizinischen Versorgung gezielt evaluieren.
QPATH4MS ist ein Kooperationsprojekt des MS-Zentrums am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, der Forschungsgruppe Digital Health (ehem. Professur für Wirtschaftsinformatik) an der Technischen Universität Dresden, der MedicalSyn GmbH, der Symate GmbH sowie der Carus Consilium Sachsen GmbH und wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaates Sachsen gefördert.
Europäischer Fond für regionale Entwicklung (EFRE)
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.
Im Rahmen des IBMS-Projekts wurde ein webbasiertes Portal entwickelt, über das MS-Patient*innen und an der Versorgung beteiligte medizinische Leistungserbringer*innen Behandlungsinformationen abrufen und miteinander austauschen können. Patient*innen können ihre Termine und Medikationen einsehen und zudem individuelle Empfehlungen ihrer behandelnden Ärzt*innen empfangen. Entlang eines Zeitstrahls können sie nicht nur vergangene, sondern auch zukünftige Schritte ihrer Behandlung einsehen. Des Weiteren können Patient*innen und ihre Angehörigen im Portal auch allgemeine Informationen über die Krankheit und mögliche Therapieoptionen erhalten sowie Tipps abrufen, wie sie ihren Alltag mit der Krankheit besser bewältigen können. Bei der Entwicklung von Funktionalitäten wurden in Workshops und in einer Befragung am MS-Zentrum hervorgebrachte Wünsche von Patient*innen, Ärzt*innen und medizinischem Personal berücksichtigt.
Technisch wurde das Portal so konzipiert, dass bestehende medizinische Dokumentationssysteme an das Portal angeschlossen werden können, sodass medizinischen Leistungserbringer*innen keinen zusätzlichen Dokumentationsaufwand haben und ihnen durch die direkt abrufbaren Eingaben von Patient*innen mehr Zeit für die eigentliche Versorgung bleibt.
Technische Pfadbeschreibungen wurden in einer für Patient*innen verständlichen Form integriert. Auf Grundlage von Interoperabilitätsstandards wurde eine mögliche Struktur für eine MS-Fallakte ausgearbeitet. Die HL7-FHIR-basierte Architektur, die im Zuge des IBMS-Projekts für das Portal entwickelt wurde, und bereits fertiggestellte Komponenten werden im Versorgungsprojekt „Pfadgestütztes Qualitätsmanagement in der MS-Versorgung“ (QPATH4MS) weiterentwickelt und ergänzt.
Das Projekt IBMS wurde vom MS-Zentrum am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden in Zusammenarbeit mit Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insb. Systementwicklung an der Technischen Universität Dresden und der Carus Consilium Sachsen GmbH umgesetzt. Das Projekt wurde aus Mitteln der Richtlinie aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaates Sachsen gefördert.
Europäischer Fond für regionale Entwicklung (EFRE)
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.
Durch die COVID-19-Pandemie war und ist das Gesundheitssystem, dessen Mitarbeiter*innen, Patient*innen und die gesamte Gesellschaft hohen Belastungen ausgesetzt.
Bisher ist wenig darüber bekannt, ob es zwischen körperlich chronisch erkrankten Patient*innen und solchen mit psychischen Störungen hinsichtlich des Ausmaßes der durch die COVID-19-Pandemie hervorgerufen Stressbelastung Unterschiede gibt. Bei beiden Patient*innen-Populationen handelt es sich um Risikogruppen, die für schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung besonders vulnerabel sind. Patient*innen mit Multipler Sklerose (MS) werden häufig mit immunsupprimierenden Therapien behandelt, wodurch sie generell anfälliger für Infektionen sind und eine höhere COVID-19-Infektionsrate aufweisen als Patient*innen mit psychischen Diagnosen. Es wird vermutet, dass sich beide Patient*innen-Gruppen hinsichtlich ihrer wahrgenommenen psychischen Stressbelastung je nach medizinisch-therapeutischer Versorgungssituation voneinander unterscheiden.
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist daher die Befragung ambulant behandelter Patient*innen einer psychosomatischen Ambulanz (Einschluss bei Depression als Hauptdiagnose) und einer Stichprobe ambulant behandelter MS-Patient*innen zur wahrgenommenen medizinischen Versorgung im Rahmen ihrer jeweiligen Erkrankung und zur psychischen Belastung während der COVID-19-Pandemie.
Anschließend sollen die Stichproben miteinander bezüglich der Fragestellungen verglichen werden. Aufbauend auf den Ergebnissen könnte geschlussfolgert werden, dass sich Interventionen zur Reduktion pandemiebedingter, psychischer Belastungen (z. B. adäquate Information, Beratung, positive Aktivitätenplanung, Telemedizin) bei chronisch körperlich kranken Patient*innen, am Beispiel der MS, möglicherweise von Interventionen für Patient*innen mit einer Depression (ohne neurologische Erkrankungen) unterscheiden sollten. Zudem sollen besonders psychisch belastete Untergruppen beider Patient*innen-Populationen identifiziert werden, um das Therapieangebot, wenn nötig, entsprechend weiter anzupassen. Dies wurde bisher noch nicht ausreichend untersucht und umgesetzt.