„Ihr esst die Plätzchen. Ich kümmere mich um den Rest.“
Hi, ich bin Marco, Makrophage – professionelle Fresszelle und Aufräumtrupp im Immunsystem. Während du im Dezember Zimtsterne, Gans und Schokolade verdautest, mache ich im Gewebe genau das, was mein Name verspricht:
Ich fresse.
Ich gehöre zum angeborenen Immunsystem, also zu der schnellen, unspezifischen Abwehr. Wenn irgendwo im Körper etwas schiefgeht wie z.B. eine Verletzung, eine Infektion oder Zellschaden, bin ich meistens einer der Ersten vor Ort.
Mein Frühstück ist nicht gerade instagramtauglich, aber hoch funktionell.
Auf meiner Oberfläche sitzen verschiedene Erkennungsrezeptoren, zum Beispiel für typische Strukturen von Bakterien oder Viren, oder für Signale geschädigter Körperzellen. Wenn ich so ein Signal entdecke, stülpe ich meine Zellmembran um das Ziel herum und nehme es als Ganzes auf. Das nennt sich Phagozytose.
Im Inneren verschmilzt dieses „Fress-Vesikel“ mit Lysosomen, die voller Verdauungsenzyme und aggressiver Moleküle stecken. Dort wird das Gefressene in kleine Bruchstücke zerlegt – unschädlich gemacht, zum Teil recycelt.
Du hast einen Staubsauger für Krümel auf dem Teppich, dein Körper hat mich für mikroskopische Krümel im Gewebe.
Wenn ich auf echte Gefahr stoße, zum Beispiel auf Bakterien oder virale Strukturen, schalte ich in einen M1-ähnlichen Zustand, die Angriffsversion von mir.
Dann passiert unter anderem:
In diesem Modus bin ich Sicherheitsdienst, Feuerwehr und Spezialeinheit in einer Zelle. Kurzfristig ist das extrem nützlich, auf Dauer allerdings gefährlich, weil zu viel Entzündung das Gewebe schädigt.
Wenn die akute Gefahr vorbei ist oder hauptsächlich Gewebeschaden vorliegt, schalte ich in einen M2-ähnlichen Zustand – die Heiler-Version von mir.
Dann verhalte ich mich anders:
Man könnte sagen: Im M1-Zustand mache ich Krawall, im M2-Zustand mache ich Ordnung. In Wirklichkeit gibt es viele Zwischenstufen, aber dieses Bild hilft, die Grundidee zu verstehen.
Ich, Marco, bin ein klassischer Makrophage im Gewebe. Aber ich habe spezialisierte Verwandte überall im Körper:
Unsere Umgebung prägt uns: Das Gewebe bestimmt, welche Gene wir aktivieren, welche Oberflächenmoleküle wir tragen und welche Aufgaben im Vordergrund stehen. Aber egal wo, fressen und regulieren ist immer unser Kerngeschäft.
Ich bin nicht nur Fresser, ich bin auch Informationsdienst für die adaptive Immunantwort, den „intelligenten“ Teil des Immunsystems mit Gedächtnis.
Ein Teil der Bruchstücke, die aus gefressenen Material entstehen, wird von mir auf meinen speziellen Präsentiertellern, den MHC-Klasse-II-Molekülen, auf meiner Zelloberfläche präsentiert. T-Helferzellen erkennen diese Kombination aus Antigen und MHC und werden dadurch aktiviert.
Das hat mehrere Folgen:
Bildlich gesprochen: Ich halte dem Immunsystem eine PowerPoint-Präsentation: „Das hier ist der Eindringling. Bitte merken und gezielt bekämpfen.“
Im Dezember läuft bei vielen Menschen die Energiezufuhr auf Hochtouren, die Bewegung eher weniger. Im Fettgewebe, vor allem bei Übergewicht, verändert sich dann auch meine Umgebung.
Dort können vermehrt Makrophagen einwandern und eher in einem dauerhaft entzündungsfördernden Zustand verharren. Dann produziert meine Zunft über längere Zeit entzündliche Botenstoffe, ohne dass ein klassischer Infekt vorliegt.
Das nennt man niedriggradige chronische Entzündung und sie spielt eine Rolle bei Erkrankungen wie Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes, Arteriosklerose oder bestimmten Leber- und Gelenkerkrankungen.
Wenn außen dauerhaft Weihnachtsbuffet ist, kann innen meine feine Balance zwischen M1 und M2 kippen … und das kann langfristig Probleme machen.
In Tumoren tauche ich häufig als tumorassoziierter Makrophage auf. Meine Rolle dort ist ziemlich ambivalent.
Im eher M1-geprägten Zustand kann ich Tumorzellen angreifen, Signale für ihre Zerstörung verstärken und andere Immunzellen motivieren, mitzumachen. In einem stärker M2-ähnlichen Profil kann ich allerdings Prozesse unterstützen, die dem Tumor nutzen wie etwa Gefäßneubildung, Gewebsumbau und Dämpfung der Immunantwort.
Deshalb versucht die Krebsforschung, mich im Tumormilieu gezielt umzuprogrammieren: weg von tumorfördernden Funktionen, hin zu antitumoraler Aktivität.
Auch bei chronischen Entzündungen in Gelenken, Darm, Gehirn oder Gefäßen bin ich oft beteiligt, wenn Entzündung nicht mehr sauber beendet wird und in einen Dauerzustand übergeht.
Während du abends mit Glühwein und Plätzchen auf dem Sofa sitzt, bin ich weiterhin aktiv, wenn auch oft im Hintergrund.
Ein Teil von uns entsteht laufend aus Monozyten im Blut, die ins Gewebe einwandern und sich dort in Makrophagen verwandeln. Andere Makrophagen sind schon seit der Embryonalzeit im Gewebe und erneuern sich lokal. Gemeinsam überwachen wir dauerhaft das Gewebe, entscheiden mit, ob eine Reaktion eskaliert oder kontrolliert bleibt, und tragen zur Reinigung, Reparatur und Stabilität des inneren Milieus bei.